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wandervogel

Die später europa-weite Wandervogel-Bewegung verbreitete im Beginn etwa 1906 von Berlin ausgehend die Grundlagen für befreiende Pädagogik und demokratische Selbstorganisation, wie sie bei Anarchisten, in der riesigen vielfältigen Friedensbewegung, am Monte Verita und in den Künsten wie Ausdruckstanz und Theater, Fotografie und Naturbeobachtung wuchsen.

Die verschiedenen Jugendbewegungen und Wandervogel bildeten mit den Sportvereinen der Arbeiterbewegung eine demokratische Opposition zu den inzwischen nur noch „trinkenden Spießern“: Die "akademischen" arroganten schlagenden Burschenschaften mit dem Filz der „Alten Herren“, bis heute aktiv in allerlei Behörden und Konzernen, oft in Personalverantwortung, und aktiv in reaktionärer Politik.

Hundert Jahre im Bewusstsein von Aufbruch und Selbstorganisation

Vor hundert Jahren? http://befreiungsbewegung.fairmuenchen.de/wandervogel-zur-befreienden-paedagogik

Da waren Kaiser und Könige, Adel und Leibeigenschaft, Dienstboten und Industrie-Arbeit, und das VATERland schlitterte in einen „schnellen“ Krieg gegen Frankreich, denn sie glaubten, im August und September 1914: „Weihnachten sind wir wieder daheim!“ wie das 1870 / 71 gewesen war, als man „schnell die frechen Franzosen ausplünderte“ und mit dem Geld die stolzen Stadtviertel der „Gründerzeit“ hochzog, die kleinen überfüllten Herbergen wegräumte, in allen großen Städten entstanden „Franzosenviertel“ wie in Haidhausen, wo ein hier unehelich geborenes Kind zum Kommunisten wurde: Hans Beimler, der aus dem KZ Dachau entkam und darüber schrieb.

Juni 2015 landete ich im Rahmen einer europäischen Fortbildung GROWL im Archiv der Wandervogel-Bewegung auf Burg Ludwigstein, die mich, nach etlichen anderen Recherchen wie zu Hans Scholl, zu den folgenden Vignetten anregte. Dazu in meiner Nachbarschaft in der Kreppe das Geburtshaus von Hans Beimler, der als Kommunist aus Dachau fliehen konnte und darüber ein Buch schrieb …

Aus grauer Städte Mauern … zieh’n wir durch Wald und Feld

Zur Jahrhundertwende um 1900 war eine kleine Bewegung angewachsen, die als Wandervogel zwar immer romantisch betrachtet, aber wenig in ihrer Wirkung vermittelt wurde.

Es gab damals traditionell immer noch „fahrendes Volk“, aber das war meist beruflich bedingt, als Händler und Handwerker, doch nun fuhren plötzlich die Jugendlichen los, trampten und wanderten, versuchten in den Sommermonaten das Leben in Wald und Feld, redeten von Demokratie und sangen andere Lieder, als sie in den Burschenschaften, den schlagenden Verbindungen der Studierenden neben Saufen bis zum Umfallen und Rauchen im Kreise der „Alten Herren“, die hier ihren Nachwuchs rekrutierten, üblich waren.

Nationales war ja erst im Wachsen, die vielen deutsch-sprachigen Länder waren noch nicht so lange im Kaiserreich vereint, monarchischer Schwulst prägte Gymnasien und Studium, wie Heinrich Mann sehr schön beschrieb: Der Untertan (wikipedia).

Industrialisierung und Arbeitsverdichtung & der Sinn des Lebens für die Freien

Die Städte waren voll Rauch und Gestank, denn weder Abwasser, Müllabfuhr, noch Abgas-Auflagen waren denen geregelt, die Neues schufen, den Fortschritt betrieben, (wie heute in China, wo das Bewusstsein für die Gesundheit der Menschen erst allmählich aus den Krankheiten durch den Smog wachsen muss). Es war noch nicht üblich, die Häuser, so weit sie nicht adeliger und kirchlicher oder monarchischer Besitz waren, ständig frisch zu streichen …

Knechtschaft war hautnah erlebbar: Dienstboten-Existenz wie Leibeigenschaft

Das bürgerliche Leben kannte die Literatur, die kleinen Leute hatten nicht die Gelegenheit und Zeit, zu schreiben, wie sie lebten, darum sind die Beschreibungen mager: August Kühn, Lena Christ … eigene Beiträge bitte unter Kommentare unten ergänzen!

Dienstboten waren Köchin und Chauffeur (Fahrer), Kindermädchen und Sekretär, Wäscherin und Schneiderin waren als Zu-geh-Kräfte auch Tagelöhner und auf der Stör, also Zeit-Gäste im Hof für eine paar Tage oder Wochen, und hatten froh zu sein, Aufträge zu bekommen.

Jüdische Haushalte hatten meist auch christliche Dienstboten, damit sie am „Schabbes“ die Arbeit verrichten konnten, die frommen Leuten verboten gewesen wären, von diesen stammten die Laut-Nachahmungen „Guten Rutsch“ zu Neujahr und „Massel gehabt“ aus dem Glückwunsch Masseltov!

Wie heute noch in den südamerikanischen Ländern, wo die Hausangestellten einfach „Maria“ genannt werden, um sie mühelos, auszutauschen, wenn sie von der „Herrschaft“ schwanger waren: Die Schande hatte immer die Frau, und am Besten, sie „ging ins Wasser“: Ertränkte sich und verdeckte die Schuld.

Der Brunnen, die öffentliche Wasserversorgung war vor über hundert Jahren noch ein öffentlicher Treffpunkt, bevor die Wasserleitungen in die Häuser verlegt wurden, zuerst in Bürgerhäusern im Stockwerk am Flur, dann in die Wohnungen.

Monarchie oder Sozialismus: Autoritäten von Gottes Gnaden

Die Arbeiterbewegung entstand im Spagat: Jüdische Intellektuelle hatten nicht die Einheit von Gott, Kaiser und Vaterland wie in den christlichen Pfarrern und Bischöfen über sich, die Kirchen hatten die Schulaufsicht und sicherten den Obrigkeitsstaat.

Nicht so in der Judenschule: Dort wurde in den Gruppen auch der Disput gelehrt, mit der Thora die einzelnen Situationen zu diskutieren, und die jüdischen Familien und Gemeinden sorgten gemeinsam für die besten Schulabschlüsse ihrer Kinder, was zu einem enormen Ärzte-Anteil in Berlin geführt hatte: Bei nur 5% Bevölkerungsanteil bis zu 30% in diesen Studien.

Bernd Bocian in: Fritz Perls in Berlin 1893-1933 http://www.gestalt.de/bocian_fritz-perls.html

Katholizismus und Protestanten hielten zu Gott und der von ihm verordneten Obrigkeit, die ihnen ihre Ämter und Einkommen gab, die Schulaufsicht garantierte und das Steuer-Einkommen.

Anarchie und Sozialismus hatten internationale Färbungen: die Hoffnungen der russischen Revolution, die Kämpfe der Fraktionen dort, Michail Bakunin im Streit mit Marx, Rosa Luxemburg mit Lenin und dazwischen Kropotkin, Leo Trotzki, später die Kämpfe in Spanien gegen Franco und die katholischen Monarchisten,

Die nationalen und die militaristischen Bewegungen: Adel, Burschenschaften & christliche Elemente, autoritäts- gläubig

Das studentische Leben begann schon in den Oberstufen der Gymnasien: Die Pauker wurden freundlicher, beinahe kollegial, je nach Typus lud er schon zum Saufen ein, und in den Kommers-Runden gab es die männlichen Runden von Rauchen und Saufen bis unter den Tisch: Was sich keiner hätte leisten können, wurde von den alten Herren, den Unternehmern und Honoratioren ausgegeben.

Bis in heutige Studentenverbindungen geht das weiter, und manche der Verbindungen locken mit billigen Zimmern in ihren ererbten Häusern, um jungen Zulauf zu rekrutieren, der sich in die Hierarchie einpassen mag: Füchse, die nicht nur die Schuhe putzen, um auch dabei sein zu dürfen …

Freies Denken, körperliche Bewegungen, jüdische Gruppen

Eine Gegenbewegung formiert sich aus den schlechten Erfahrungen: Alkoholfreiheit der Lagerfeuer-Runden und Nicht-Rauchen wurde so umstritten wie verehrende Homo-Erotik und Trennung von Frauen und Juden, die in den einzelnen Bünden immer wieder als Forderungen auftauchen.

Alle politischen Richtungen sind erst noch vertreten, aber die gesellschaftlichen Diskussionen finden hier ihre Spitzen der Auseinandersetzung, und so mancheR wechselt durch die Bünde, so weit das möglich war: Nur junge Männer oder gemischte Gruppen, nur Frauen und gemeinschaftliche Existenz- und Projektgründungen, Ernährungsbewusst und Vegan, … bis hin zum Monte Verita in der Schweiz und den Projekten der Lebens-Reformer, Reform-Pädagogen und Reformhäuser.

Psychoanalyse und Sexualreform

Zu jener Zeit gab es in Deutschland etwa achtzig Splittergruppen, die sich um Reformen im Bereich der Sexualität bemühten. Wilhelm Reich schlug vor, diese verstreuten Gruppen unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit in einem Dachverband zusammenzufassen, und gründete mit dem zeitweiligen Segen der Deutschen Kommunistischen Partei den Deutschen Reichsverband für Proletarische Sexualpolitik.

Der Verband hatte bald 40000 Mitglieder, und Reich war viel unterwegs, half Kliniken gründen, sprach vor Jugendgruppen und leitete Diskussionen (Boadella 197^, S‘}). Der erste Kongress des Verbandes beschloss 1931 folgendes von Reich entworfenes Programm:

Erstens Verteilung von empfängnisverhütenden Mitteln an alle, die sonst keinen Zugang dazu hatten, und massive Propaganda für Geburtenregelung, um der Notwendigkeit von Abtreibungen entgegenzuwirken.

Zweitens völlige Aufhebung des bestehenden Abtreibungsverbots. Freie Abtreibung in öffentlichen Kliniken; finanzielle und medizinische Unterstützung für schwangere und stillende Frauen.

Drittens Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung zwischen Verheirateten und Unverheirateten und Beseitigung des rechtlichen Begriffs des »Ehebruchs«; Freiheit zur Ehescheidung, Ausmerzung der Prostitution durch Umerziehung und durch Beseitigung ihrer ökonomischen und sexualökonomischen Ursachen.

Viertens Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten durch umfassende Sexualerziehung und vor allem durch Eindämmen der Promiskuität durch Forderung emotional und sexuell gesunder Beziehungen.

Fünftens Prävention von Neurosen und Sexualproblemen durch eine lebensbejahende Erziehung und die Einrichtung von therapeutischen Kliniken.

Sechstens die Ausbildung von Ärzten, Lehrern, Sozialarbeitern usw. in allen relevanten Angelegenheiten der Sexualhygiene und

siebtens Ersatz der Strafen für Sexualvergehen durch Behandlung. Prävention von Sexualverbrechen durch verbesserte Erziehungsmethoden und verbesserte ökonomische Bedingungen. Den Schutz von Kindern und Heranwachsenden vor Verführung durch Erwachsene (a.a.O.).

Wilhelm-Reich-Gesellschaft zur Erforschung lebensenergetischer Prozesse e.V.

Reich legte dieses Programm auch der Weltliga für Sexualreform vor, doch es war zu politisch, um angenommen werden zu können. Reich erkannte, dass vieles, wofür er kämpfte, mit dem Kapitalismus unvereinbar war.

Dass die Weltliga für Sexualreform kurz darauf auseinanderfiel, weil sich die zwei führenden Figuren nicht über die sexualpolitischen Fragen einigen konnten, war wenig Trost für Reich. Als bald darauf im Zuge zunehmender Bürokratisierung in Sowjetrussland viele der sexualpolitisch progressiven Gesetze widerrufen wurden, musste Reich einsehen, dass seine Sexualpolitik auch mit Staatskapitalismus unvereinbar war.

wilhelm-reich-gesellschaft.de/sites/default/files/Buentig1977_DasWerk_v_WilhelmReich.pdf S. 17

Arbeiterbewegung und militaristisches Partei-Denken zerreisst die Linke

In der Arbeiterbewegung lagen die Arbeiterchöre, Fahrradzirkel und Sportgruppen als politische Zirkel mit Diskussions- und Lese-Kreisen und mit familiären Pfingst-Ausflügen in der Tradition, die Sozialisten-Gesetze zu unterlaufen, die jede politische Betätigung unterdrücken sollten, a die Streiks in der Rüstungsindustrie bereiteten die Revolution während des Krieges vor.

In der Revolution am 7. November 1918 in München sind viele Personen beteiligt, die nicht nur sozialistische Ideen kultiviert hatten, poetisch wie Erich Mühsam in Schwabinger Lokalen und im Englischen Garten als Kohlrabi-Apostel wie Dieffenbach und seine Jünger, mit Vorträgen wie Rudolf Steiner und Tanzvorführungen wie von Rudolf Laban und Mary Wigman.

Nach der Niederschlagung der Münchner Räterepublik durch Freikorps und Reichs-SPD entsteht dort 1920 eine „Ordnungszelle Bayern“, die mit Unrechts-Justiz und Polizeistaat den Faschismus vorbereitet: Banken und reiche Familien sponsoren Hitler und seine Partei. In den Jugend-Bewegungen gibt es arisch inspirierte Gruppen, die eine Anpassung vorbereiten.

Von Freikorps-Leuten wurden in dieser Zeit der Saalschlachten und Polarisierungen auch schon erste Morde an bündischen Führern im Berliner Raum verübt, wie im Archiv der Jugendbewegung dokumentiert ist. Feme-Morde und Machtübernahme

Schon nach der Niederschießung der Räterepubliken

fühlten sich die Freikorps mit der SPD und einer reaktionären Polizei, Justiz und Richterschaft im Rücken so stark, dass sie zahlreiche Feme-Morde begangen haben, die von Polizei, Staatsanwaltschaften und Richtern meist nicht wirklich verfolgt und bestraft wurden.

Hans Paasche war eines dieser Opfer aus der bündischen Jugend, das den militärischen Kräften ein Dorn im Auge war, wie Tucholsky beschreibt: www.textlog.de/tucholsky-hans-pasche.html

Die Gleichschaltung aller Jugendbünde und Verbände kam 1936 und das Verbot der Bündischen Jugend, ihrer Kothen und Kleidung wurde regelmäßig unterlaufen, vor allem von Gruppen, die von tusk und der dj1.11 , der deutschen jugend vom 1.11.1929 angeregt waren, und die manchmal, wie in Ulm und unter den Scholl-Jugendleitenden offiziell unter Hitlerjugend marschierten, aber abends ganz andere Lieder am Lagerfeuer sangen.

"Seine Anziehungskraft für viele Wandervögel konnte der Nationalsozialismus auch dadurch entfalten, dass er viele Ausdrucks- und Lebensformen, Symbole und Rituale der Jugendbewegung aufgriff und für seine Zwecke missbrauchte.

Dabei wurden äußere Symbole, Rituale, Begriffe und Werte oft in ihrer inneren Substanz verzerrt oder ins Gegenteil verkehrt." http://wandervogel.at/lib/exe/fetch.php?media=djwv:kefermarkter_erklaerung.pdf

Hans Scholl und Alexander Schmorell:

„Verschwiegene“ Mediziner, die Freiheits-Aktionen planen & FlugBlätter verbreiten

Hans Scholl hatte schon 1937 ein Verfahren „bündischer Betätigung“ und §175 und hatte sicher schon eine Akte, denn er war als Ulmer Vertreter beim Reichsparteitag Nürnberg 1935:

Die HJ-Fahne der Ulmer zierte auch ein schmaler Wimpel der dj1.11, den Hans dort angebracht hatte: Dieser wurde beim Reichsparteitag konfisziert. Nach: Jäger und Gejagte: Über den deutschen Widerstand im Dritten Reich und was aus Tätern und Ofern wurde; von Bernd Wohlgut

Eine andere verbreitete Methode der Gestapo war es, die Jugendlichen zu Kommunisten abzustempeln und sie auf dieser Grundlage zu verfolgen. Als „Beweis“ dafür diente der in vielen Bünden der 1920er und frühen 30er Jahre verbreitete Russenkult.

Vor allem die dj.1.11 mit ihren russischen Liedern und Balalaikas galt als „kulturbolschewistisch verseucht“, nicht zuletzt weil deren Führer Eberhard Koebel vorübergehend Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen war. So hetzte die Führerzeitschrift der HJ „Wille und Macht“ schon 1933: „Bündische Jugend ist heute Bolschewismus“.

Gelang es nicht, Jugendliche aus politischen Gründen zu verfolgen, wurde auch das Verbot der Homosexualität, der §175 herangezogen – dies allerdings zumeist als reiner Vorwand mangels anderer Belastungsmöglichkeiten, wie 1941 in einem Lagebericht der HJ freimütig eingestanden wurde:

„Bei der Bekämpfung der Bündischen Jugend aus politischen Gründen gelang mangels anderer gesetzlicher Grundlagen die Zerschlagung der Bünde fast immer auf dem Wege über ein Strafverfahren wegen Vergehens nach §175 StGB.“ [1] http://www.jugend1918-1945.de/thema.aspx?s=5322&m=3447&open=5322schmutz-und-schund

Gleichschaltung in HJ / BDM / Jugendherbergswerk, Arbeits- und Kriegsdienste

Die Gesetze 1936 zum Aufbau der Hitlerjugend und des Bund deutscher Mädel unter einem Reichsführer erlaubten gleichzeitig die anderen Jugendverbände und Bewegungen nicht mehr, die Burg Ludwigstein wurde zur Jugendherberge, das Jugendherbergswerk als Reichsorganisation für Familien-Erholung eingegliedert.

Robert Jungk in der Schweiz

Ein Schicksal aus der jüdischen bündischen Jugend ist genauer überliefert:

Robert Jungk hatte als 9-jähriger Berliner von einem anderen Schulkind in Uniform und mit Anstecknadel erfahren, dass es einen demokratisch und republikanisch eingestellte Gruppe gab, der „fast ausschließlich junge Juden angehörten, die von den anderen Wanderbünden nicht aufgenommen wurden.“ Katharina Gammer: Robert Jungk – Die frühen Jahre

Einige Tage nach dieser Begegnung fand sich Robert Jungk in einer großbürgerlichen Wohnung wieder und diskutierte mit anderen Mitgliedern des „deutsch-jüdischen Wanderbundes“ über „Krieg und Frieden und die kommende große Veränderung.

Seine Eltern waren Schauspieler, mit dem damals schon legendären „rasenden Reporter“ Egon Erwin Kisch befreundet, der ihm zum Vorbild wurde.

Die Gruppe versuchte sich von den Gewohnheiten ihrer Eltern zu emanzipieren. Dazu gehörte auch das bewusste Bekenntnis zur jüdischen Identität. Anders als die Eltern, die bemüht waren, „ihre jüdische Abstammung zu vergessen […], um nicht länger als Fremde behandelt zu werden“, wollte sich ein Teil der jüngeren Generation „zum Weiterbestehen ihrer Identität bekennen.“

Ein mutiges Zeichen der Selbstbehauptung in einer Zeit, in der jüdische Politiker öffentlichkeitswirksam als Schuldige für den verlorenen Krieg dargestellt wurden, haarsträubende Verschwörungstheorien – in deren Zentrum Juden als Drahtzieher standen – die Runde machten und der (Rassen-)Antisemitismus zunehmend gesellschaftsfähig wurde.

Wichtiger als das jüdische Selbstverständnis war den Jugendlichen aber das Gefühl von Unabhängigkeit und die Erfahrung von „Freiheit“, die sie bei mehrtägigen Ausflügen in die Berge bzw. aufs Land machten. Robert Jungk schreibt rückblickend, dass ihn diese Reisen auf eine unsichere Zukunft vorbereitet hätten, da sich die Gruppe mit minimalem Planungsaufwand auf den Weg machte:

„Wo werden wir übernachten? Das wird sich herausstellen. Was werden wir essen? Da findet sich schon was. Wo werden wir enden? Das hängt letztlich von uns ab.“ Nach diesen Prinzipien brach die Gruppe auf.

Durch das Lesen von Zeitungen, das aufmerksame Beobachten seiner Umgebung und den Austausch mit anderen entwickelte sich Robert Jungk zu einem politisch interessierten und engagierten Jugendlichen. Obwohl ihm die negativen Auswirkungen der fortschreitenden Modernisierung in Deutschland nicht fremd waren – er kannte die Elendsviertel der ArbeiterInnen von Haussammlungen her und wusste von seinem Wiener Onkel, der als Betriebsarzt tätig war, von den Gesundheitsrisiken und Unfallgefahren in der Schwerindustrie – war auch er, wie der Großteil der deutschen und europäischen Bevölkerung fasziniert von den zeitgenössischen, technischen Möglichkeiten. Katharina Gammer: Robert Jungk – Die frühen Jahre

Weil er als Student nach dem Reichstagsbrand in der Humboldt-Uni die Plakate des Stürmer abriß, wurde er verhaftet und kam durch einen Trick frei, floh sofort nach Österreich und überlebte im Exil in Prag, Paris und in der Schweiz. Sein Einsatz für die Informationen über Konzentrationslager blieb als Journalist in der Weltpresse ungehört, wie später seine Berichte zu Hiroshima zensiert waren.

Sein Einsatz für die Friedensbewegung machte ihn zum Sprecher vieler Demonstrationen, seine kritischen Bücher zur Atompolitik „Heller als 1000 Sonnen“ und die Methode der Zukunftswerkstatt haben bis heute Wirkungen, im hohen Alter war er noch, als Salzburger Ehrenbürger, Kandidat der Grünen Österreichs für den Stuhl des Bundespräsidenten.

was folgt:

Nachkriegszeit: Baden Powell und die Pfadfinder-Idee

Die Rückkehr der Idee aus den USA und anderen Ländern

Jugend als Zeitraum

In den internationalen Bezügen der sehr verschieden denkenden Deutschen im Exil entstanden jeweils Gedanken, wie nach dem Krieg der Aufbau und die Neugestaltung zu regeln sei, zusammen mit den Machthabern der diversen Sieger: Es entstanden die unterschiedlichsten Programme

Umerziehung als Programm,

Häuser & Verbände der früheren Jugendverbände wurden, so weit Nachfolge klar war, wie bei Kirchen und Gewerkschaften, meist zurück gegeben,

Der Aufbau der Jugendringe, von Jung- und Frohschar-Gruppen in Gewerkschaften und Kirchen führte zumindest bei den Gewerkschaften zu anderen Benennungen, bei der katholischen Jugend wurden die alten Traditionen wieder aufgenommen.

Aus den USA kam die Information zum Kampf gegen die Sklaverei und um Bürgerrechte dazu, die aber wenig auf die hiesige Geschichte von Leibeigenschaft, von den Lebensbedingungen der Knechte und Mägde bezogen wurden.

Der jugendliche Protest gegen den Krieg in Vietnam und den Ledernacken-Militarismus wurde gerne aufgenommen und zum Kampf gegen Nazi-Professoren in den Hochschulen, die Wiederbewaffung und die Notstandsgesetze umgemünzt.

Das doch wieder ähnlich klingende Pressewesen und die Einschwörung aller Beteiligten auf die Doktrin vom Kalten Krieg, die „Notwendigkeit“ der Wiederbewaffnung mit der Bedrohung aus dem Osten

Das Land, das vor ein paar Jahren mit Notverordnungen in eine Militärdiktatur zu verwandeln war, verabschiedete nun wieder Notstandsgesetze, und viele Demonstrationen, Protestaktionen und Friedenskundgebungen brachten auch Robert Jungk als Redner nach München, er warnte vor den neuen Gefahren, die eben entstanden:

Der Atomstaat baute seine Propaganda auf und die Bewegungen dagegen gestalteten Alternativen, in Whyl, im Dreyeckland, Bauern und Studenten gegen eine noch altertümlich wirkende Polizei, die aber ständig, wie auch die Raketensysteme, nachgerüstet wurde.

Es wuchs eine Kultur der Bürgerproteste, die Gewaltfreie Aktion brachte Ideen und Trainer aus den USA, die auch dort in sehr konsequenten Friedens- und Anti-Atombewegungen ihre Erfahrungen weitergaben,

Mit der Besetzung der Freien Republik Wendland und der brutalen und martialischen Räumung des Gelände in Gorleben, von der auch im Stern anschaulich in Fotos berichtet wurde.

Die Freie Republik Wendland: Eine selbst organisierte Umsetzung von Utopien in einem selbst errichteten Hüttendorf, die das traumhafte gemeinsame Leben gegen den Atomstaat So sing doch Vogel, sing, dass Gorleben lebt!

Das Anschwellen der Friedensbewegung durch die geplante Pershing-Stationierung, die in den 1980er Jahren nach ewigen Abrüstungs- und Friedensverhandlungen in Genf angekündigt war, jeweils als Nachrüstung auf hochgerechnete Bedrohungen der anderen Front im Kalten Krieg; auch mit Heinrich Böll, Dorothee Sölle,

gleichzeitig das Wachstum der ersten Bioladen-Generation aus Buchläden und neuem Vollkorn-Bewusstsein, selbstverwaltete Betriebe und Projekte, Netzwerk Selbsthilfe in Berlin und München, und die AG SPAK Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Arbeitskreise, entstanden aus den evangelischen und katholischen Studentengemeinden an den Hochschulen, an manchen Orten von aufgeschlossenen Professor*innen gut unterstützt.

Die Republik war im Aufschwung des neuen Reichtums der Vollbeschäftigung, der Gastarbeiter und der fordistischen Industrialisierung, baute Großflughäfen, erweiterte Autobahntrassen, zerstörte Biotope und forderte die Gründung der Grünen und Widerstand gegen die alten und großen Koalitionen, es entstanden Ökofonds, grün-nahe Stiftungen und alternative Listen.

Bei einem Zelt einer „Zukunftswerkstatt“ in Wien, bei einem internationalen Friedensfest in den Praterwiesen, begegnete ich Robert Jungk zum ersten Mal, wir hatten von seinen neuen Methoden in Büchern wie „Kursbuch“ gelesen, der Anti-Atom-Volksentscheid hatte Österreich in eine freudige Stimmung gebracht.

Graz, Abfangjäger, Rolf Schwendter, Theorie-Arbeits-Kreis Alternative Ökonomie,

AG SPAK, Krüppelbewegung, Drogen- Knast- und Psychiatrie, befreiende Pädagogik, Paulo Freire

Evang. Akademien, Bad Boll, Hohenwarth, Kirchen und Ökologie, Energie, Bewusstseinsbildung

Befreiungsbewegungen in Südamerika, Theologie der Befreiung oder bewaffneter Kampf, Tupamaro,

Trikont, Frauen- und Schwulenbewegungen in verschiedenen Länder-Geschwindigkeiten,

Rüstungsexportkampagne, Nato,

Landjugend mit Bioanbau, Solidaritätsaktionen, Nicaragua-Brigaden,

Aids, Arbeitslosenbewegung, Geschichtswerkstätten, Hartz4, Selbsthilfe, Netzwerk, Selbstorganisation, http://Graswurzel.net, http://contraste.org, Selbstverwaltung,

Soziale Berufe und Projektentwicklung, Jugendbeteiligung, Kinderrechte, Gestalt

Wird noch fortgesetzt … Forschende Gruppen

Quellen und Literatur

Die deutsche Jugendbewegung als kulturhistorisches Phänomen von Victor Engelhardt Arbeiterjugend-Verlag Berlin 1923

Blüher: Die deutsche Wandervogelbewegung als erotisches Phänomen (männliche Erotik als Träger höherer Geisteskultur)

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